Jeans Tagebuch der Pause

Das erste, was mir in den Sinn kommt, wenn ich an den Tourabschluss 2008 denke, ist eine Anekdote mit Ben Rodenberg, unserem Booker, als Protagonist.

Bei einer spontanen Party in einem Ferienhaus an der Mecklenburgischen Seenplatte, wohin wir die Crew zu einem gemeinsamen Ausklingwochenende einluden, hat er beim Abhotten zu „Reign in Blood“ von Slayer versucht auf die 3 anderen anwesenden Mittänzer (der Rest hatte sich wegen der Musik auf den Balkon verkrümelt … Ignoranten!!) zu stagediven.  Die „Stage“ war ein über 3 Stufen erhöhter Küchenbereich und Bens Motivation war etwas zu groß, so dass er gradewegs über unsere 6 in die Luft gereckten Arme drüber wegflog und nach einem eleganten Looping sehr unsanft auf dem Rücken landete. Für einen kurzen Moment stockte mir der Atem und auch von der ignoranten Popperfront auf dem Balkon kamen entsetzte Blicke, bis nach ca. 15 Sekunden Ben aufstand, sich kurz schüttelte laut „Metaaallll!!“ brüllte und weitermachte.

Danach wurde es etwas ruhiger …. oder auch gar nicht!

Um erst gar nicht in ein Loch zu fallen, hatte ich ja vorher schon mit Christoph, unserem Trompeter, angefangen an Songs zu basteln und es entstand heimlich, still und leise so etwas wie ein „Sideproject“, was dann bis November all meine Zeit, die ich sonst vermutlich grübelnd auf dem Sofa verbracht hätte verschlang.

Es war toll.

Ich war mal wieder so ne Art Produzent und habe wahnsinnig viel über Trompeten und ähnliche Instrumente gelernt, insbesondere wie schwierig es ist, diese gut aufzunehmen. Zwischendurch übermannte mich dann kurz aber heftig eine Grübelphase, nämlich dann, als klar wurde, dass das ne Band werden muss und ich eigentlich in dieser Band Gitarrist sein soll.

Puh, schaff ich und will ich das? Schließlich, auch wenn dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, wollte ich doch vor allen Dingen Papa werden ….

Nach einigen schweren Nächten entschied ich mich gegen eine weitere Band in meinem Leben und aus unserem „Projekt“ wurde TANNER. Eine, wie ich finde, ganz tolle Band mit ganz tollen Musikern!!! Und einem stolzen Papa im Hintergrund.

Im November 2008 trotzten dann Kornelia und ich den hiesigen Temperaturen und verschwanden für 3 Wochen ins Paradies. Das liegt im Indischen Ozean, mehr verrate ich nicht.

Da leben riesige Schildkröten, bunte Fische und riesige Kokospalmen. Leider leben dort auch große Spinnen!!!!

Zurück im deutschen Winter wurde uns schnell klar: Wir müssen noch mal weg, wenn nicht jetzt, wann dann??

Diesmal war es eine der Kanarischen Inseln. Die Fische dort sind nicht ganz so bunt, dafür die Spinnen deutlich kleiner ….

Als Souvenir (vermuten wir) haben wir etwas mitgebracht, über dass wir uns etwa 6 Wochen später beim Betrachten eines grob gepixelten Schwarz-Weiss-Bildes sehr, sehr, sehr, sehr gefreut haben und das fortan eine freudige aber auch nervöse Grundstimmung für den Rest des Jahres prägen sollte!

Im März 09 trafen wir uns wieder.

DIE BAND!!!

Was würde passieren, was bringen alle aus der Pause mit (Bei Judith war es natürlich kaum zu übersehen J  ), was wollen wir in Zukunft machen ….

Wir fingen an etwa eine Woche nur zu reden, reden, reden. Wir hatten uns so viel zu erzählen.

Dann gingen wir in den Proberaum und spielten einfach mal drauflos ….

Wir fingen einfach wieder an und es war toll.

Plötzlich war es dann schon Juni und Judith war mittlerweile deutlich zu Rund, um noch irgendetwas anderes zu machen als die Geburt herbei zu sehnen.

Die Sommermonate des Jahres chillten dann meine auch mittlerweile immer runder werdende Gattin und ich aufgrund der vortrefflichen Überschneidung von Mutterschutz und Baby-Band-Pause (Judiths und Polas Tochter war mittlerweile ganz frisch auf der Welt) und außerdem beeinflusst durch Vorsichtsmaßnahmen von Fluggesellschaften, was die Beförderung von Schwangeren Passagieren betrifft, an so ziemlich jedem Badesee in der Umgebung von Hannover. Außerdem war noch ein Campingtrip mit Freunden an die Ostsee drin.

Im Herbst, nach Ende von Babypause no.1, gab es dann meinerseits ein kurzes Wir sind Helden-Intermezzo, in der ein paar sehr hübsche Songs entstanden, bevor dann gegen Mitte Oktober nun meine Babyzeit beginnen sollte.

Nun standen wir kurz davor.

Was am Anfang noch so ewig weit weg schien war plötzlich ganz nah. Wir würden bald einen kleinen Sohn haben.

Es war eine höchst emotionale Zeit, insbesondere das „darauf warten“.

Plötzlich wechseln sich lustige Momente wie Nachmittags-ins-Kino-gehen-weil-man-sich-eh-nix-anderes-vornehmen-kann mit leicht gereizten Momenten (Wann geht es endlich los?) ab.

Dazu gab es dann noch mit dem Selbstmord von Robert Enke ein Ereignis, dass meine Heimatstadt kurz aber heftig aus der Bahn warf, mich inklusive.

Vielleicht ist man in dieser Phase seines Lebens auch sehr sensibel, da man sich eh hauptberuflich mit den „großen Fragen des Seins“ befasst, aber das hat mich schon echt auf eine einschüchternde Weise getroffen.

Genau eine Woche später kam dann unser Sohn zu Welt!

Seitdem ist nichts mehr so wie es mal war und es soll auch bitteschön  nie wieder so werden, denn es ist einfach unglaublich in die Augen von so einem kleinen Scheisser zu blicken und sich kurz auszumalen, wie viel Spaß man mit dem noch haben wird.

Nun geht es grade wieder volle Fahrt mit der Band los.

Ich freue mich sehr drauf, aber hab auch etwas Schiss, wie das alles so wird. Als Familienvater … Zum Glück sind in der Band Gleichgesinnte!